Bracenet: Nachhaltiger Schmuck aus Geisternetzen

Im Meer zurückgelassene Netze sind ein großes Umweltproblem. Das Hamburger Unternehmen „Bracenet“ lässt die sogenannten Geisternetze weltweit an Land holen – und fertigt daraus nachhaltigen Schmuck: Armbänder und Ohrringe, aber auch Hundeleinen und Rucksackriemen.

"Jedes Armband ist ein Unikat und entsteht in Handarbeit aus einem echten Stück Fischernetz."

- Benjamin Wenke von „Bracenet“


Geisternetze: Hunderte von Metern lang

Was 2015 ein unbeschwerter Tauchurlaub an den Küsten von Tansania und Sansibar werden sollte, wurde zum Wendepunkt im Leben von Benjamin Wenke und seiner heutigen Frau Madeleine von Hohenthal. Gleich in den ersten Tagen stießen sie unter Wasser auf ein Netz, das über Hunderte von Metern in einem Korallenriff hängen geblieben war. Unzählige Tiere, darunter auch eine große Meeresschildkröte, hatten sich darin verfangen und waren jämmerlich verendet.

Kurz darauf entdeckten sie beim Strandspaziergang ein weiteres riesiges Netz, diesmal entlang der Küste. Und dann sahen die beiden sie auf einmal überall: Netze in allen Farben und Größen. Das junge Touristenpaar aus Berlin sprach mit den Fischern vor Ort. Die Netze kämen von den großen Trawlern weit draußen, erzählten sie. Nicht von ihnen.


Entsorgte Netze: Todesfalle für Millionen von Tieren

Als sie anfingen im Internet zu recherchieren, merkten die beiden schnell, dass es kein lokales Problem war:

  1. Rund 640.000 Tonnen dieser Ghostnets (Geisternetze) landen jedes Jahr in den Weltmeeren. Sie gehen verloren oder werden absichtlich über Bord gekippt.
  2. 600 bis 800 Jahre dauert es, bis die Netze sich zersetzt haben.
  3. Etwa 4,5 mal so groß wie Deutschland ist der Great Pacific Garbage Patch, ein riesiger Müllstrudel im Nordpazifik.

Schmuck mit Signalwirkung

Das Problem ließ Benjamin und Madeleine nicht mehr los. Mit unzähligen Fotos und einigen Netzen im Rucksack kehrten sie nach Berlin zurück – und wussten bald, was sie wollten: ein nachhaltiges Statement abgeben, ein Signal setzen, das jeder sofort erkennen würde.

Einige Tage später hielten sie eines der mitgenommenen Netze in den Fingern, sahen direkt daneben ihre Handgelenke, „und da war es ein klarer Fall”: Sie würden Armbänder daraus machen, englisch bracelets. Oder besser gesagt: bracenets, weil sie ja aus Netzen entstehen würden.

Noch im selben Jahr gründeten sie das Start-up „Bracenet“, gingen 2016 mit ihrer Idee an die Öffentlichkeit, kündigten 2017 ihre Fulltime-Jobs als Marketingleiter und Art-Buying-Chefin und zogen um nach Hamburg.


Nachhaltige Statements für kleines Geld

Inzwischen hat Bracenet rund 30 Mitarbeiter, die Netze aus allen Ozeanen dieser Welt in Hamburg zu Armbändern verarbeiten. Zuerst werden sie gesäubert und nach Größe und Farbe geordnet. Danach werden die Bänder geknotet und ihre Enden verlötet. Da manche Netze für Armbänder zu dick sind, werden inzwischen auch Hundeleinen, Rucksackriemen und Kameraschlaufen angefertigt.

Gemeinnützigen Organisationen wie „Ghost Diving“, „Sea Shepherd“ oder „Healthy Seas“, die versuchen, die Ozeane von Abfällen zu befreien, liefern die Netze. Bis zu fünf Euro pro Artikel gehen im Gegenzug zurück an die Organisationen.

Ein Armband gibt es ab 19 Euro, eine Hundeleine ab 69 Euro. Die Abnehmer: Privatpersonen, aber auch Unternehmen, die die Armbänder als Geschenke für Mitarbeiter oder Kunden erwerben.


Armbänder als Reminder

Für ihre Träger werden die Armbänder zur Erinnerungsstütze „Einige entwickeln mehr Umweltbewusstsein”, so Benjamin. Etwa wenn sie beim Coffee to go die Hand mit dem Armband ausstrecken, um den Plastikbecher zu greifen: „Da klingelt es bei vielen. Das nächste Mal nehmen sie ihren eigenen Trinkbecher mit!”

Und wie gewünscht ist der Schmuck zu einem Signal geworden. Einem Erkennungszeichen, das ein Bewusstsein schafft für dieses gigantische Problem.


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